Deutschlandtour 2008
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28.06.2008 - 03.07.2008
Bericht und Fotos von Klaus Göhring
Seit 5 Jahren stand auf meiner Löffelliste 1), die jährlich von Knut Jäger, dem Inhaber der Harzer Gleitschirmschule, organisierte Deutschlandtour mitzufliegen: Mit dem Wind eine Woche per Motorschirm soweit die Flügel tragen!
Aber immer kam etwas dazwischen. Dieses Jahr sollte es endlich soweit sein. Das Wichtigste vorweg: Die Tour war gekennzeichnet durch fast ideales Wetter. Nach Ankunft in Bad Harzburg ging es direkt zum nahen Startplatz in Stapelburg um alles für den Start am nächsten Tag vorzubereiten. Wegen des starken Windes wurde der Tourbeginn auf den Nachmittag verschoben. Endlich starteten alle 7 (5 Teilnehmer und Knut Jäger mit seinem Fluglehrer Hupsi) in kürzester Zeit Richtung Osten mit Ziel Zerbst. Es ging bis auf 1300 m und mit dem Wind zügig voran, südlich an Magdeburg vorbei. Nach Überflug der Elbe wurden wir urplötzlich kräftig von Thermik durchgeschüttelt. Es dauerte 10 Minuten und der Spuk fand ein Ende. Nach etwas mehr als 100 km kam der ehemalige Militärflugplatz in Sicht. Einem Teilnehmer ging 12 km vor dem Platz bereits das Benzin aus. Aber aus 1.500 m Höhe erreichte er das Ziel mit Rückenwind problemlos im Gleitflug. Über dem Platz war es so thermisch das man Mühe hatte runter zu kommen. Nachdem wir im Wohnmobil die Fußball WM verfolgt hatten zogen wir uns ohne großen Jubel in die Zelte zurück.
Am nächsten Morgen starteten wir früh Richtung Flugplatz "Altes Lager", südlich von Berlin gelegen. Ebenfalls ein ehemaliger riesiger Militärflugplatz mit langer Geschichte. Beim Landeanflug auf die endlos erscheinende Piste bot sich uns die Optik aus dem Cockpit eines Airliners. Aber als wir unter 1.000 m sanken wurden wir durch starken Wind und Thermik gebeutelt und uns war schnell klar das wir doch zu den ganz Kleinen gehören. Die Landung geriet etwas grenzwertig, zeitweise flogen wir rückwärts, aber Mensch und Material erlitten keinen Schaden. Der Wind nahm so an Stärke zu das an den Weiterflug am Abend nicht zu denken war. So übernachteten wir in der Unterkunft der Drachenflieger Berlin e. V. in einem frühren Militärgebäude direkt hinter einem der zahllosen Shelter.
Am nächsten Morgen starten wir in aller Frühe großspurig von der Landebahn Richtung Siewisch, nicht mehr weit von der polnischen Grenze entfernt und unserem östlichsten Flug- und Landeplatz. Nördlich unserer Route glitzert die Cargolifter-Halle. Leider reichen die Benzinvorräte (der anderen) nicht für einen Abstecher dorthin. In Siewisch tanken wir, ruhen uns aus und bewundern die Flugkünste eines Modellhubschrauberpiloten.
Als abends der Wind nachlässt starten wir mit Kurs auf Großenhain. Anfangs ist es sehr thermisch. Der Staub den zwei Trecker auf dem Feld aufwirbeln steigt im spitzen Winkel gen Himmel. Wir fliegen vorbei an Industriegebieten, Tagebaulöchern, über Tagebaubaggern und der Sachsenring-Rennstrecke. In Großenhain erwartet uns erneut eine Landebahn von der ganz großen Sorte. Wieder ein ehemaliger Militärplatz. Neben der Landebahn schlagen wir ein und unsere Zelte auf. Junikäfer überfallen uns am Abend zu hunderten. Nach Sonnenuntergang lassen uns die Fliegerkollegen dann endlich in Ruhe.
Am nächsten morgen starten wir wieder in aller Frühe mit Ziel Flugplatz Böhlen. Als wir bei Riesa die Elbe überqueren liegt links von uns das ehemalige Gut meiner Großeltern. Zufall das wir hier vorbei kommen. Im Hintergrund ist die Kirche von Meißen zu sehen. Aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen kenne ich die Gegend recht gut. Vor Jahren bin ich hier mehrmals vom Flugplatz Riesa aus gestartet und über die Hofanlage geflogen. Wir flattern über wassergefüllte ehemalige Tagebaugebiete. Der Grasplatz Böhlen, diesmal klein und bescheiden wie wir es gewohnt sind, liegt nahe eines dampfenden Kraftwerkes südlich von Leipzig.
Wir tanken mal wieder auf und fliegen gleich weiter nach Laucha. Der Landeanflug erfolgt über die imposanten Gebäude aus den 40er Jahren in denen die Reichssegelflugschule untergebracht war. 300 Flugschüler wurden hier seinerzeit ausgebildet. Sicher mit dem Hintergedanken das es nicht beim Segelfliegen bleibt. Der jetzige Inhaber der Segelflugschule beeindruckte uns mit seinen Kunstflugfiguren. Er arbeitet seit 10 Jahren daran die historische Stätte wieder mit Leben zu erfüllen. Wir krochen in dem historischen Flugzeughangar in unsere Schlafsäcke. Um 4.oo war aber Schluss mit Schlafen da die Segler zum Sonnenaufgangsflug herausgerollt wurden.
Folge: Wir waren bereits um 5.oo mit der aufgehenden Sonne im Rücken in der Luft mit Kurs auf Ballenstedt nahe dem Weltkulturerbe Quedlinburg, dem Austragungsplatz der diesjährigen Motorschirmmeisterschaft. Wieder müssen wir auftanken und starten wie so oft bei null Wind mit 11 Litern im Tank Richtung Stapelburg, unserem Startplatz und Ausgangspunkt vor 5 Tagen. Die Route führt uns direkt über die historische Altstadt von Quedlinburg. Auf der Autobahn unter uns erkennen wir unser Begleitfahrzeug. Diesmal ist es ausnahmsweise schneller als wir. Im Westen zieht es sich schon leicht grau zusammen als wir im Formationsflug mit dem Brocken im Hintergrund in Stapelburg landen. Geschafft: Fast 600 km in 5 Tagen! Eine tolle Tour mit intensiven und bleibenden Eindrücken! Und endlich kann wieder eine Position auf der Löffelliste als erledigt gestrichen werden. - Klaus Göhring -